Als die Politik im vorigen Oktober beschloss, den Öffentlich-Rechtlichen ihren Jugendkanal zu geben, gab es vor allem in den Reihen der ARD einige lange Gesichter. Zur Überraschung der Beteiligten genehmigten die Regierungschefs der Länder zwar ein Angebot für junge Menschen - anders als gedacht dürfen es die Öffentlich-Rechtlichen allerdings nur online verbreiten. Inzwischen haben sich ARD und ZDF auf ein Konzept verständigt, das der Rundfunkkommission der Länder in gut zwei Wochen vorgelegt werden soll. Um den genauen Inhalt machten die Sender bislang allerdings noch ein Geheimnis.

Gegenüber "Horizont" sprach Programmgeschäftsführer Florian Hager von einem "mittleren Abstraktionsniveau". Dem Branchendienst liegt das Konzept, mit dem sich die Politik in Kürze auseinandersetzen wird, nun immerhin schon mal vor. "Das Jugendangebot besteht aus redaktionell veranlassten und journalistisch-redaktionell gestalteten Inhalten. Es soll jungen Menschen Orientierungshilfe bieten und sie zu gesellschaftlicher Teilhabe befähigen", heißt es in dem knapp 20 Seiten umfassenden Papier. "Die Inhalte entsprechen den hohen Standards des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wie sie gesetzlich vorgegeben und durch anstaltsinterne Satzungen und Richtlinien konkretisiert sind."

Doch das war es dann auch schon mit den Gemeinsamkeiten zu den klassischen Fernsehprogrammen. "Stärker als in den klassischen Medien zählen hier Emotionen und Personality - egal ob für harte Themen oder Entertainment. Köpfe sind entscheidend." In der Regel seien das nicht die von ARD und ZDF bekannten Gesichter. "Das Netz hat seine eigenen Helden hervorgebracht - sie sind es, mit denen sich die Generation verbunden fühlt." Nur in einem gewissen Umfang sei es möglich, Inhalte von ARD und ZDF zweitzuverwerten oder zu übernehmen, "da mit dem Ausspielweg Online ein eigenes Genres bedient wird". Sie werden daher auch viel kürzer ausfallen als man das aus dem Fernsehen kennt.

Die Formate des 2016 startenden Jugendangebots, für das ARD und ZDF jährlich 45 Millionen Euro locker machen, sollen "innovativ, provokativ und intelligent", aber auch lustig sein. Als Selbstzweck sollen sie jedenfalls nicht fungieren. "Die reine Abbildung von Ereignissen, das klassische 'Berichten über', ist für unsere Zielgruppe nicht zeitgemäß", heißt es im Konzept des Jugendportals - eine Aussage, an der sich laut "Horizont" offenbar einige Gremienmitglieder und Politiker stören. Die Vermittlung von Information sehen die Macher des Angebots jedenfalls nicht engstirnig. "Comedy kann Information transportieren, Information kann auch mit Gaming-Elementen vermischt sein. Das Jugendangebot wird mit diesen Genres frei spielen", so das Versprechen.

Klar ist, dass das Jugendangebot weder selbst noch mit dem Label von ARD und ZDF prominent als Inhalteanbieter auftreten wird. "Vielmehr soll das einzelne Format Akzeptanz, Erfolg und Bindung beim Nutzer bewirken", schreiben die Sender in ihrem Konzept. Weil junge Menschen nicht gezielt nach neuen Angeboten der ARD und ZDF im Netz suchen, müssten ARD und ZDF auf sie zugehen und daher auch auf Drittplattformen wie YouTube, Facebook, Twitter, Instagram, WhatsApp und Snapchat vertreten sein. "Die Drittplattformen stellen den Erstkontakt zwischen Nutzern und Angebot her, dienen zur Verbreitung der Inhalte sowie zur Interaktion und Kommunikation mit Usern." Das Jugendangebot versteht sich daher als "Content-Netzwerk", deren zentrale Webpräsenz zwar existiert, nicht jedoch im Vordergrund steht.

In ihrem Jugendportal-Konzept, das sich bei den Kollegen von "Horizont" in voller Länger anschauen lässt, gehen ARD und ZDF zudem genauer auf die Inhalte einzelner Genres ein - freilich ohne schon eigene Format-Ideen zu nennen. Die Inhalte aller Genres können demnach täglich, wöchentlich oder monatlich veröffentlicht werden - geplant ist eine Mischung aus kurztaktiken, aktuellen Inhalten und länger laufenden Elementen. Interessanterweise ist auch von einer linearen Ausstrahlung und einer Schleifenprogrammierung mehrerer Inhalte nach Sendeplänen die Rede. Das Jugendangebot könne nämlich auch über IPTV-Plattformen verbreitet werden. Das Angebot von Serienstaffeln auf der zentralen Startseite sowie Livestreams zu Events käme den Darreichungsformen des klassischen Fernsehens am nächsten.

  • Information
    In diesem Bereich geht es ARD und ZDF darum, "komplexe Sachverhalte mit einfachen Mitteln aufzugreifen und mit hintergründigen Informationen die Nutzer zu erreichen". Neben Videos seien hier Text- und Bewegtbildinhalte sowie interaktive, datenjournalistische Elemente vorgesehen. Kürzere, grafisch unterstützte Hintergrundinformationen sollen über Verbreitungswege wie Instagram oder Vine verbreitet werden. Als Vorbild dienen der BBC-Service "Instafax" und der amerikanische Anbieter "NowThis". Gleichzeitig soll Platz sein für dokumentarische Stücke in der Ich-Perspektive - stets mit Blick auf die Lebenswirklichkeit junger Menschen.

  • Fiktion
    Im Bereich der Fiktion will das Jugendangebot auf Eigen-, Auftrags- und Kaufproduktionen zurückgreifen. Dabei könnten auch junge Produzenten einbezogen werden. Vor allem dem Genre der Webserie mit einer Folgenlänge zwischen vier und 15 Minuten soll eine entscheidende Rolle zukommen. Strikte Vorgaben wird es wohl nicht geben.
  • Comedy und Satire
    Profitieren wollen ARD und ZDF hier von eigenen Erfahrungen, nicht zuletzt jenen der jungen Radiowellen. "Ziel sollte es sein, mit neuen Köpfen (oder in Kooperation mit Webvideo-Stars) ein eigenes Comedy-Ensemble zu etablieren", heißt es. Standup-Comedy, kurze Sketche oder Neuinterpretationen von Musikstücken mit aktuellem Bezug werden ebenso genannt wie das Stilmittel des Neuzusammenschnitts mit satirischem Kommentar, wie man ihn etwa von der Comedy "Bref" des französischen Canal+ kennt.
  • Jugendkultur
    Musik soll im Jugendangebot von ARD und ZDF ebenfalls eine Rolle zukommen - auch, weil die Hörfunkprogramme hier ihre Kernkompetenz besitzen und diese viele Konzerte als Partner mitorganisieren. So sollen Mitschnitte innerhalb des Angebots zur Verfügung gestellt werden, aber auch Fremdproduktionen und thematische Podcasts sollen integriert werden. Gleichzeitig ist geplant, "Gaming in all seinen Formen" zu bieten.
  • Wissen und Wissenschaft
    Komplexe Themen sollen zielgruppengerecht aufbereitet und Zusammenhänge erläutert werden, "um einen direkten und teilbaren Nutzwert zu erzeugen". Dabei geht es etwa um die Bereiche Geschichte, aktuelle politische und gesellschaftliche Ereignisse oder naturwissenschaftliche Phänomene". Starke Köpfe, Animationen oder Visualisierungsmodelle sollen all das anschaulich vermitteln, so die Hoffnung der Verantwortlichen, die hier auch auf den "großen Fundus" von ARD und ZDF zurückgreifen wollen.
  • Service
    Das Service-Genre spiele für die junge Zielgruppe eine große Rolle, wie die Beliebtheit von Tutorials und How-to-Formaten auf YouTube zeige. Eigene Inhalte müssten sich "neben einer Orientierungsfunktion durch redaktionelles Know-how, Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit auszeichnen". Dabei soll es auch um Nischenthematiken gehen.

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