Eine Zwei-Drittel-Mehrheit war nötig, letztlich haben 22 von insgesamt 23 anwesenden Mitgliedern des Rundfunkrats des RBB für eine sofortige Abberufung von Patricia Schlesinger gestimmt. Die ehemalige RBB-Intendantin hatte ihren Rücktritt bereits vor etwas mehr als einer Woche erklärt - allerdings wäre das Dienstverhältnis trotzdem noch bis Ende Februar 2023 gelaufen. Bis dahin stünden ihr demnach noch die vollen Bezüge oder andernfalls eine nicht unerhebliche Abfindung zu.

Schon im Vorfeld der Sitzung war bekannt geworden, dass es eine Beschlussvorlage für den RBB-Rundfunkrat gab, sie mit sofortiger Wirkung  abzuberufen. "Die Abberufung ist durch Gründe in der Person der Frau Schlesinger bedingt, die eine außerordentliche Kündigung des Dienstvertrags durch den RBB rechtfertigen würden", heißt es darin. Um die Umsetzung der Trennung muss sich nach der Entscheidung des Rundfunkrats nun der RBB-Verwaltungsrat kümmern - hier müssen nun also noch die Details hinsichtlich Abfindung, Rentenbezügen und ähnlichen geklärt werden.

Zu den konkreten Gründen für die Abberufung wollte sich die Rundfunkratsvorsitzende Kirchbach mit Blick auf die weiterhin laufende juristische Auseinandersetzung nicht äußern, das Vertrauensverhältnis zu Schlesinger sei jedoch "nachhaltig zerstört". Im Vorfeld war spekuliert worden, dass man sich wohl auf mutmaßlich "betrügerische Abrechnungen" von Abendessen in Schlesingers Privatwohnung stützen wolle, um die fristlose Abberufung zu rechtfertigen. Die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik hatte beispielsweise erklärt, dass es sich bei einem der über den RBB abgerechneten Essen aus ihrer Sicht um ein privates Treffen gehandelt habe.

Schlesinger hatte selbst an der Sitzung des Rundfunkrats teilgenommen und sich entschuldigt, viele der Vorwürfe aber erneut zurückgewiesen. Hinsichtlich der Abendessen erklärte sie dem Redemanuskript, aus dem die "SZ" zitiert, zufolge, dass sie ein "Format für Multiplikatoren, für interessante Menschen zum Austausch" gesucht habe, weil ihr zu Beginn ihrer Amtszeit von Menschen aus Politik, Wirtschaft und Institutionen signalisiert worden sei, dass es keinen direkten Kontakt zum RBB gegeben habe. Auch im Vorfeld war von Schlesingers Seite schon argumentiert worden, dass die bessere Vernetzung in Wirtschaft, Politik und Verwaltung sehr wohl dienstliche Aufgaben gewesen seien, ein „Doppelcharakter“ solcher Veranstaltungen sei in diesem Zusammenhang nicht ungewöhnlich.

Die hohen Kosten für den Umbau der Chefetage erklärte sie laut "SZ" unterdessen mit einer "überfälligen Schadstoff- und Brandschutzsanierung", der vielzitierte Massagesessel sei nicht von ihr, sondern von der Leiterin der Intendanz aus Gründen des "Gesundheitsschutzes" bestellt worden und schließlich auf ihre Bitte hin so positioniert worden, dass er für alle nutzbar gewesen sei. Die Steigerung der Kosten beim Bau des Digitalen Medienhauses seien unteressen auf Umplanungen und allgemeine Preissteigerungen zurückzuführen.

All diese Dinge, vor allem aber die noch schwerwiegenderen Vorwürfe hinsichtlich Filz bei der Vergabe von Beraterverträgen sind aktuell noch Gegenstand einer Compliance-Untersuchung, mit der eine externe Kanzlei betraut ist. Deren Ergebnisse werden noch einige Wochen auf sich warten lassen, den Ausgang wollte der RBB-Rundfunkrat auch angesichts des öffenltichen Drucks nun aber nicht abwarten.

Die Rundfunkratsvorsitzende Friederike von Kirchbach erklärte nach der Sitzung: "Wir hoffen, dass der Rundfunkrat mit dieser Entscheidung dem rbb die Aufarbeitung der Vergangenheit und der aktuellen Vorwürfe erleichtert. Gleichzeitig ebnen wir damit den Weg für eine Neuwahl. Wir setzen Vertrauen in die Aufklärungsarbeit der aktuellen Geschäftsführung und des gesamten rbb und erwarten dazu jetzt kontinuierliche Berichterstattung an die Gremien. Der Weg für einen Neuanfang im Sender ist jetzt frei. Der Rundfunkrat wird unabhängig davon in seinen kommenden Beratungen seine eigene Rolle und Arbeitsweise kritisch hinterfragen."

Zu seiner nächsten Sondersitzung möchte der Rundfunkrat in rund zwei Wochen zusammenkommen. Dort soll es dann auch um das Verfahren für die Wahl des nächsten Intendanten oder der nächsten Intendantin gehen. Mit den Ergebnissen der noch laufenden Compliance-Untersuchung wolle man sich dann in einer eigenen Klausur beschäftigen.

Mehr zum Thema